Kirchenjahr
Advent - Hoher Advent

 


AdventSymbol

 
Weitere Informationen:
Wilhelm Stählin - Advent (1924)
Jörg Erb - Bei Christbaum und Krippe (1936) - Advent und Weihnachten in der Familie begehen: "Das Weihnachtsfest steht wie kaum ein anderes christliches Fest in der ständigen Gefahr der Verharmlosung und Sinnentleerung"
 
"Horch, eine helle Stimm erklingt", so beginnt ein Adventlied der alten Kirche, das wunderbar davon zu künden weiß, wie ein Ruf gleich einer hohen Fanfare den Weltenraum durchdringt und uns Schlafende weckt. Wir aber, von der Erde uns aufrichtend, sehen ein neues Gestirn über unserer Todeswelt aufstrahlen; der neue Weltentag bricht an.
Dieser "Tag" Gottes ist für jede Zeit und jedes Geschlecht im Kommen: er kommt nicht aus der Zeit, sondern aus dem, was jenseits aller Zeit ist. Er kommt nicht bloß als Sehnsuchtstraum, sondern als Wirklichkeit. Nicht bloß als Verheißung, sondern als Erfüllung, nicht bloß als Vergangenheit, sondern als frohe Gegenwart, nicht im zufälligen Heute sich erschöpfend, sondern als neuer Anfang mit einer Zukunftskraft ohne Ende.
Dies geheimnisvolle und mit unserem Zeitmaß nicht meßbare Kommen Christi hat die Kirche auszudrücken versucht durch das Wort vom dreifachen Advent des Herrn: Er ist gekommen! Der Verheißene Gottes ist in dieser Welt erschienen und hat unsere menschliche Natur angenommen. Er ist aufgewachsen, ein junges Reis am alten Stamm, ein göttlicher Keim, eingesenkt ins dunkle Erdreich. In Ihm sind alle Verheißungen der Propheten erfüllt. - Er kommt! Das Heil ist näher als sonst. Ihr erlebt jetzt wieder eine Annäherung an das strahlende Gestirn, welches "das Licht der Welt" heißt. Heute dürft ihr erfahren, wie es hereinwirkt in eure Zeit, in euer Volk, eure Häuser und Herzen. Verstocket euer Herz nicht, solange es "heute" heißt! Heute sollt ihr an Seiner wunderbaren Geburt Anteil haben. - Er wird kommen! Die Sache Christi wird offenbar werden als die große entscheidende Sache für die Welt. Das Licht unseres Gottes wird aufstrahlen wie der Blitz von Aufgang bis Niedergang. Das Zeichen des Menschensohnes wird sichtbar werden. Die Welt, die Christus ans Kreuz schlug und sich Seiner zu entledigen dachte, wird Ihm auf neue gegenübergestellt. Er ist im Verborgenen schon da - seit Seiner Auferstehung! Aber Er wird aus dem Verborgenen hervortreten, plötzlich, so wie ein Gebirgsstock plötzlich da ist und uns drohend und gewaltig gegenübersteht, wenn ein Blitz die dunkle Nacht zerreißt. Solch ein Geschehen ist mit dem - nicht übersetzbaren - urchristlichen Wort "Parousia" gemeint. Uns tritt in Wahrheit der Herr gegenüber, welcher spricht: "Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige". Vor Ihm wird uns bewußt: "Wir sind unreiner Lippen und wohnen in einem Volk von unreinen Lippen". (Jes. 6,5).
Deshalb bedürfen wir der Reinigung und lassen uns von Johannes dem Täufer an die "Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden" mahnen, auf daß wir uns mit lauterem Herzen und gereinigten Sinnen der Krippe nahen. Weil aber die Wirklichkeit Gottes für uns bald frohe Gegenwart sein wird und wir des Wunders der Menschwerdung aufs neue teilhaftig werden, darum ist für uns Advent zugleich Freudenzeit, so daß wir mit Maria lobsingen: "Meine Seele erhebet den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes."
 
Die liturgische Farbe im Advent ist Violett, die Farbe der Bußzeit.
 
Spieker (5.Aufl.), S. 1-2

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Hoher AdventSymbol

 
Die Bezeichnung der sieben letzten Adventstage vor Weihnachten (ab 17. Dezember) als "Hoher Advent" ist Hinweis auf die inhaltliche Bedeutung dieser Tage. Sie stehen unter dem Thema Verheißung und Erwartung. Ihre Prägung erhalten die Lesungen insbesondere von den O-Antiphonen. Dieses sind altkirchliche Kehrverse, die sich auf alttestmentliche Verheißungen und messianische Titel beziehen und mit "O" anheben und mit einer durch "komm" eingeleiteten Bitte enden. Die Abendlesung bezieht sich auf die jeweilige O-Antiphon des Tages. Die Morgenlesung des kommenden Tages nimmt dieses Motiv mit einem neutestamentlichen Text noch einmal auf.
 
Die O-Antiphonen im Evangelischen Tagzeitenbuch (4.Aufl.) lauten:

17.12.
O Weisheit, hervorgegangen aus dem Munde des Höchsten -
die Welt umspannst du von einem Ende zum andern,
in Kraft und Milde ordnest du alles:
o komm und offenbare uns den Weg der Weisheit und Einsicht!
 
18.12.
O Adonai, Herr und Führer des Hauses Israel -
im flammenden Dornbusch bist du dem Mose erschienen
und hast ihm auf dem Berge das Gesetz gegeben:
o komm und befreie uns mit deinem starken Arme!
 
19.12.
O Sproß aus Isais Wurzel, gesetzt zum Zeichen für die Völker -
vor dir verstummen die Herrscher der Erde,
dich flehen an die Völker:
o komm und errette uns, erhebe dich, säume nicht länger!
 
20.12.
O Schlüssel Davids, Zepter des Hauses Israel -
du öffnest, und niemand kann schließen,
du schließt, und keine Macht vermag zu öffnen: o komm und öffne den Kerker der Finsternis und die Fessel des Todes!
 
21.12.
O Morgenstern, Glanz des unversehrten Lichtes,
der Gerechtigkeit strahlende Sonne: komm und erleuchte, die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes!
 
22.12.
O König aller Völker, ihre Erwartung und Sehnsucht;
Schlußstein, der den Bau zusammenhält:
o komm und errette den Menschen, den du aus Erde gebildet!
 
23.12.
O Immanuel, unser König und Lehrer,
du Hoffnung und Heiland der Völker:
o komm, eile und schaffe uns Hilfe, du unser Herr und unser Gott!
 

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 04-11-21
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