Kirchenjahr
Ostern - Himmelfahrt - Pfingsten

 

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Weitere Informationen:
Erich Müller-Gangloff - Ostern und die Oikumene mit drei Betrachtungen:
Karl Friz - Höllenfahrt und Auferstehung (orthodox)
Gerhard Koch - Kirche von Kreuz und Karfreitag? (evangelisch-luth.)
Fritz Leist - Vom Gründonnerstag zur Osternacht (röm.-katholisch)
Wilhelm Stählin - Ostern
Walter Stökl - Osterbräuche unter den Sudeten- und Karpathendeutschen (1937)
Wilhelm Thomas - Osterliche Sonntage
Waldemar Wucher - Liturgie geschieht
Jürgen Boeckh - Österliches Hallejula
Edith Thomas - Der Osterweg
Ludolf Müller - Die Osterikone der Ostkirche
Jürgen Boeckh - Ostererfahrungen mit drei Berichten:
Elsbeth Hagmann - Also heilig ist der Tag
Walter Tappolet - Unterwegs in der Osternacht
Gertrud Knodel - Jubilate Deo
Reinhard Brandhorst - Fasten, Passion und Ostern begehen - mit dem neuen Tagzeitenbuch
 
Das Osterfest ist das älteste Fest der Christenheit; mit dem Ostertag fing noch im Mittelalter - in manchen Ländern wenigstens - die Kirche ihr Jahr an.
Aus der Tiefe der schmerzlichsten Trauer, aus der Stille besinnlichen Gedenkens an das Leiden Christi erhebt sich strahlend der Auferstehungstag des Herrn. Es ist die Zeit der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche: nun hat die Sonne gesiegt.

Wach auf, mein Herz, die Nacht ist hin,
Die Sonn ist aufgegangen.
Errmuntre deinen Geist und Sinn,
Den Heiland zu empfangen,
Der heute durch des Todes Tür
Gebrochen aus dem Grab herfür,
Der ganzen Welt zur Wonne.

Das Tagesgestirn hat die Oberhand bekommen über Finsternis und Frost. Alle Kreaturen brechen hervor zu neuem Lebensansatz nach Stille und Rüstzeit der Winternacht. Es folgt auf vierzig Tage des Fastens eine fünfzigtägige Freudenzeit: vierzig Tage des Zusammenlebens des Auferstandenen mit Seinen Jüngern, zehn Tage des Wartens auf die Stunde, da sich der Anbruch des neuen Lebens bestätigt in der Ausgießung des Heiligen Geistes.
Die Auferweckung Christi von den Toten ist die Tat Gottes, die an sich alle kirchliche Gottesdienstordnung sprengt und aufhebt. Daß man die wiederkehrenden Wendepunkte des Jahres festlich begeht, daß man das Gedächtnis vergangener Ereignisse Jahr für Jahr erneuert, das ist die Ordnung im Leben aller Völker. Aber dieser ewige Kreislauf ist mit Christi Grablegung zu Ende gekommen: der "große Sabbat", an dem Christus im Grabe ruht, ist das Ende der alten Lebensordnung. Christus steht auf aus dem Grabe, und die Welt hat statt der bunten Fülle und unerschütterlichen Wiederkehr mannigfaltiger Freudentage das einmalige Geschehen, das nun den Angelpunkt der Weltgeschichte bildet: den Tag, der alles hoffende Harren der Menschenwelt und aller Kreaturen aus einem bloßen Warten zu einem erfüllten, begründeten Warten macht, zu einem Bauen auf gelegtem Grunde. Ostern, das ist "der berühmte und heilige Tag, der erste der Tage, ihr König und Herr, das Fest der Feste, die Feier der Feiern, da Christum wir feiern in Ewigkeit" - so singt die Liturgie der östlichen Kirche.
Noch aber leben wir, obschon durch die Taufe der neuen Welt zugeordnet, zugleich in der alten Welt der wiederkehrenden Feste und Feiern. Es galt, das Fest der Auferstehung des Herrn im regelmäßigen Wechsel des Jahres zu begehen, doch so, daß es hinausgehoben war über alle Feste. Das geschah, indem das Osterfest zum Quellort gemacht wurde für den Ursprung alles neuen Lebens in der Gemeinde, zum Eingang in die Geheimnisse der heiligen Taufe und des Evangeliums und zum Mutterboden einer ständigen Erneuerung des Osterwunders in der Gemeinde der Getauften durch Herrentag und Herrenmahl. Nicht genug damit: die Gemeinde beging das Fest, statt nur mit der in allen Völkern üblichen dreitägigen Dauer, als achttägigen Gottesdienst durch die ganze Osterwoche hindurch im Zusammensein mit denen, die die Taufe in der Osternacht ihr neu geschenkt hatte. Endlich wurde die fünfzigtägige Freudenzeit angeschlossen, die mit ihrem Schlußtag, Pfingsten (d.h. der Fünfzigste), und seiner Oktave (Festwoche) sich bis zum Dreifaltigkeitstag erstreckte: eine Zeit ohne Fasten und ohne Knien beim Gebet, als wären es lauter Sonntage und Ostertage, durchklungen von einem Halleluja über das Ende des Kampfes und der Leiden Christi und Seiner Gläubigen.
Darum sollte es möglich sein, durch die Freudenzeit bis hin zum Pfingsttage diesen Klang österlicher Freude festzuhalten und jedenfalls hier die Sonntage eindeutig als Auferstehungsfeste zu feiern. Die Alten schrieben auch in der deutschen lutherischen Kirche vor, die Osterlieder bis zum Himmelfahrtstage zu singen. Die Evangelien dieser Sonntage verweilen gewiß nicht bei der Osterbotschaft, aber dafür klingt durch die Namen dieser Tage noch der Festjubel des Ostermorgens: Jubilate, Kantate! Daran ändert auch die Vorbereitung des Pfingsttages nichts, die unter dem doppelten Rufe steht: Rogate, Exaudi. Diese festlichste Zeit des Jahres, noch heute in einigen Gegenden ausgezeichnet durch den Abendmahlsgang der ganzen Gemeinde, muß uns heute wieder lehren, was wir verloren haben: das ganze Jahr, jede Woche und jeden Tag unter die Osterbotschaft zu stellen.
In diesem Zusammenhang gilt es daran zu erinnern, wie gerade der Rest gottesdienstlichen Lebens, der uns in der evangelischen Gemeinde als Sonntagsfeier geblieben ist, von Ostern aus Leben und Inhalt gewinnt; wie eine sinnvolle Feier des Osterfestes und eine sinnvolle Begehung des Sonntags unweigerlich aufeinander angewiesen sind, so daß wir sie hier beide zugleich in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit betrachten müssen, wollen wir die Eigenart des Ostertages erkennen und in der Wirklichkeit unseres Gemeindelebens wiederherstellen.
Der Sonntag, wie wir ihn heute haben, ist - daran ist kein Zweifel möglich - entsprungen aus dem Herrentag der ältesten Christenheit, an dem diese allwöchentlich die Auferstehung ihres Herrn beging mit Lobgesang und Feier das heiligen Mahles. Doch diese Beziehung der Sonntagsfeier auf die Auferstehung Christi ist in langen Jahrhunderten unwirklich geworden. Noch zu der Zeit, da Europa christlich wurde, geschah es allsonntäglich, daß die Mönche des Westens wie des Ostens, wenn sie sich vom Schlafe erhoben, stehend das Osterevangelium hörten und mit hohem Lobgesang aufnahmen.
Unser Sonntag braucht eine Form der Begehung, in der einfach und klar wie in der alten mönchischen Sitte verkündigt wird, was den Sonntag zum Sonntag, zum Herrentag macht: die Auferstehung Christi von den Toten. Und Ostern braucht diesen Widerhall im Umkreis des Jahres, damit es die Krone des Jahres bleibe.
Darum steht am Sonntag als Vorspruch zum "Morgenlob" folgende Sonntagsverkündigung, deren Urform uns aus den Tagen der Völkerwanderung überliefert ist:

Den Tag des Herrn laßt uns
mit heiligem Dienst begehen!
Erschienen ist der Tag der Sonne,
der Tag des wahren Lichtes,
der Tag, da Christus, das Leben,
erstand von den Toten.
zitiert nach Tagzeitenbuch, 4. Aufl. 1998, Nr. 217

Spieker, S. 113 - 117

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HimmelfahrtSymbol

 
"Der Erdkreis ist erfüllt vom Geist des Herrn" (Weish. 1, 7). Der Weltenraum ist für den Gläubigen nirgendwo leer und entseelt. Gott, der am Anfang Himmel und Erde schuf, durchwaltet auch heute die unermeßlichen Weiten mit Seiner Schöpfermacht. Und wie es nirgendwo Geist ohne Leib gibt, so bleibt für uns das göttliche Leben nie ohne Gestalt: Wolke, Licht, Feuer, Sturm - diese alle sind sichtbare und spürbare Erscheinungen der Gegenwart Gottes, von denen es im Psalm heißt: "Der Du machst Winde zu Deinen Boten und Feuerflammen zu Deinen Dienern" (Ps. 104, 4). Der sichtbare Himmelsraum ist für den Frommen die sichtbare Darstellung der Spannweite der göttlichen Gnade: "So hoch der Himmel über der Erde ist, läßt Er Seine Gnade walten über denen, die Ihn fürchten." (Ps. 103, 11). Und der Prophet fordert uns auf, am gestirnten Himmel ein Abbild der göttlichen Allmacht zu schauen: "Hebet eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; Seine Macht und starke Kraft ist so groß, daß nicht eins von ihnen fehlt." (Jes. 40, 26).
Nach solcher biblischen Erinnerung begreifen wir, was die alte Christenheit mit den Sätzen sagen will: "Nachdem der Herr Jesus mit ihnen geredet hatte, wurde Er aufgehoben gen Himmel und setzte sich zur Rechten Gottes." (Mark. 16, 19). Der Auferstandene hatte der Maria Magdalena bedeutungsvoll verheißen: "Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott" (Joh. 20, 17). Das ist nun verwirklicht, Der Auferstandene erfüllt nun Himmel und Erde mit Seinem heiligen geheimnisvollen Leben. Sein Reich ist nicht bloß in den engen und armen Menschenherzen, sondern umspannt das weite All, das Sichtbare und Unsichtbare. So ist auch Christi "Sitzen zur rechten Hand Gottes" zu verstehen. Die "rechte Hand Gottes" ist überall. Darum nimmt Christus fortan an Seiner Allgegenwart teil.

Er sitzt zur Rechten Gottes rechter Hand / Halleluja
herrscht über Himmel und alle Land / Halleluja

So wie Gott im winzigsten Samenkorn sein kann und zugleich so groß ist, daß Ihn aller Himmel Himmel nicht fassen können, so auch Christus: Sein Leib ist gegenwärtig im winzig kleinen Stücklein Brot im Sakrament, und zugleich ist die Weite des Weltenraumes nötig, um Sein gewaltiges, übermächtiges Leben aufzunehmen. Der hinunter gefahren ist in die untersten Örter der Erde - bei Seiner Menschwerdung: in Fleisch und Blut, in Stall und Krippe - ist zugleich derselbe, der aufgefahren ist über alle Himmel, "auf daß Er alles erfüllte". Wir dürfen die nach den vier Richtungen des irdischen Raumes weisenden Balken des Kreuzes mit den Worten des Apostels deuten: "so könnt ihr begreifen, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist" - nämlich der Gottesfülle, welche in Christus der ganzen Welt ausgespendet wird. Das in den Himmelsraum, in alle Weite und Höhe aufgenommene Leben Christi ist der Anfang einer neuen, mit Gott versöhnten Welt, die Verwirklichlung jener Verheißung: "Ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen."
Eine vierfache Melodie erklingt an dem Fest der Himmelfahrt Christi, und in vielfältigen Verschlingungen hören wir diese vierfache Melodie aus den alten Himmelfahrtsliedern der Kirche zu uns dringen:
Christus ist aufgefahren zu Seinem Vater, heimgekehrt zum Thron der himmlischen Herrlichkeit; der durch Leiden Vollendete ist erhöht "zu der Rechten der Kraft "; es ist der endgültige Triumph des am Kreuze von Menschen Getöteten und von Gott Verlassenen: Gott hat Ihm eine Namen gegeben, der über alle Namen ist. Es ist deutlich der Gipfel, zu dem der älteste Christus-Hymnus hinaufschreitet (1.Tim. 3, 16):

Gott ist offenbart im Fleisch,
gerechtfertigt im Geist,
erschienen den Engeln,
gepredigt den Heiden,
geglaubt in der Welt,
aufgenommen in die Herrlichkeit.

Aber dieser zum Himmel erhöhte Christus ist zugleich der Herr Seiner Kirche auf Erden, das Haupt Seines irdischen Leibes. Ist Himmelfahrt die Thronbesteigung Christi, so ist es Antritt Seiner Herrschaft über Himmel und Erde, Seiner vollen Wirksamkeit vor allem in Seiner Gemeinde; hier erst erfüllt sich der Gedanke des Königtums Christi. Daß der über alle Begrenzungen menschlicher Existenz hinausgehobene Christus in Seiner Kirche gegenwärtig ist, in ihrem Sakrament sich den Seinen austeilt und spendet und durch Seine Glieder eben als Seine Glieder auf Erden handelt, das ist die eigentliche "Substanz" der Kirche und der Inhalt ihres Jubels.

Drum jauchzen wir mit großem Schalln / Halleluja,
dem Herrn Christus zum Wohlgefalln / Halleluja!

Zugleich aber ist durch den gen Himmel gefahrenen Christus, weil Er der Menschensohn ist, der Himmel für die Menschheit geöffnet und die Erde an den Himmel gebunden. Gerne zeigten die alten Maler, wenn sie die Himmelfahrt darstellten, die Fußspur, da der Herr auf Erden gestanden, und der in der himmlischen Glorie Erscheinende zeigt Seine durchbohrten Hände. Der Mensch Jesus sitzt zur Rechten Gottes, und über den Seinen leuchtet die Verheißung, daß Er, wenn Er erhöht wird von der Erde, sie zu sich ziehen will.

Drum sei Gott Lob, der Weg ist gemacht,
uns steht der Himmel offen.
Christus schließt auf mit großer Pracht,
vorhin war alls verschlossen.

Aber den eigentlichen Atem des Himmelfahrtsfestes spüren wir erst in dem Verheißungswort der Engel: "Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen." (Apg. 1,11). Der Blick, der sich auf den Himmel und auf den zum Himmel erhöhten Herrn richtet, ist zugleich der Blick unerhörter Spannung, der von diesem Himmel her das endgültige Gericht über diese Todeswelt und die Vollendung der Erlösung erwartet. Jetzt ist "unser Leben verborgen mit Christus in Gott.", aber von diesem uns jetzt noch verborgenem Himmel her will die Herrlichkeit Christi und unsere Herrlichkeit erscheinen an jenem Tage, der alles neu macht. Und der zum Himmel entrückte Seher hört die Stimme Des, der auf dem Thron sitzt und des Augen sind wie Feuerflammen, und sieht mit seinen Augen das Bild des neuen Jerusalem "aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann."
 
Spieker, S. 143 - 147

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Weitere Informationen:
Wilhelm Stählin - Kirche des Geistes
 
Das Heilige Pfingstfest ist uns ein Zeugnis für die Geschichtsmächtigkeit der christlichen Botschaft. Diese Botschaft fährt mit Sturmesgewalt in den geschichtlichen Raum eines bestimmten Volkes und setzt von dort aus ganze Völkergruppen in Bewegung. Die Kraft, durch welche die Offenbarung Gottes in Christus Jesus im Raum der Geschichte wirksam wird, ist der Heilige Geist. Er bezeugt durch den Mund der Apostel das, was mit Jesus von Nazareth, dem Mann von Gott, ausgewiesen durch Taten, Wunder und Zeichen, sich zugetragen hat. Dieser Geist verleiht den Aposteln, das Wort von Christus mit andern Zungen auszusprechen: sie reden in einer Sprache, die jeder versteht, welches Volkes er auch sei. Das Geschehen am Pfingsttage nimmt voraus, was die Boten Christi durch ihre Sendung zu den Völkern wirken werden: den Völkern, welche der Völkerkatalog der Pfingstgeschichte aufzählt, werden wirklich in ihren Sprachen die großen Taten Gottes verkündigt werden. Zugleich gibt damit die Pfingstgeschichte eine großartige Deutung der Welt- und Völkergeschichte: der Fluch, der seit der Errichtung des babylonischen Turmes auf allen Völkern liegt und durch den keiner mehr seines Bruders Sprache versteht, wird weggenommen. In der christlichen Kirche werden die Völker der ganzen Welt durch das Wirken des Heiligen Geistes zur Einigkeit des Glaubens versammelt, jeder versteht seines Bruders Sprache, denn es ist die Sprache des Herzens, welche von Gott gelehrt ist. Das ist die gewaltige Gottesgeschichte, von der das Pfingstfest uns kündet.
Haben wir - gleich dem alten Blumhardt - auf eine neue Ausgießung des Heiligen Geistes zu warten? Wir haben das Pfingstgeschehen in seiner Außerordentlichkeit und Einmaligkeit zu verehren. Es hat Gott gefallen, unter solchen sichtbaren Zeichen Seine Kirche in den Raum der Geschichte eintreten zu lassen. Aber für den Fortgang haben wir uns an das zu halten, was Gott auf Erden geordnet hat. Unmittelbar nach dem Abschluß des Pfingstereignisses durch die Taufe der dreitausend Seelen berichtet die Apostelgeschichte von einer bleibenden Grundordnung des christlichen Lebens: "Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet." (Apg. 2,42). Wenn man von den erregenden Pfingstereignissen kommt, wirkt diese schlichte Aufzählung ernüchternd. Aber diese Nüchternheit ist heilsam. Das Leben der Kirche kann nicht darin bestehen, daß krampfhaft das Außerordentliche festgehalten wird - dann würde ihr Leben in zielloser Aufgeregtheit versprühen. Vielmehr entfaltet sich das Leben der Kirche im geschichtlichen Raum der Welt in den Grundformen, die Gott ihr für diese Welt gegeben hat.
Dabei übersehen wir nicht, daß Christus das Kommen des Heiligen Geistes auch über die Apostelzeit hinaus verheißen hat. Ja, die Zukunft wird erst die Entfaltung dieser wunderbaren Kraft bringen. Der Heilige Geist wird Wahrheiten enthüllen, welche zur Apostelzeit noch nicht faßbar waren (Joh. 16, 12.13). Er wird Taten wirken, welche über die Anfänge in der Apostelzeit noch hinausgehen (Joh. 14, 12). Das Mitfolgen göttlicher Kräfte ist der Kirche auf Erden verheißen, und die Lebensformen der Kirche sind nur dann echt, wenn sie dem lebendigen Strömen des Geistes Gottes dienstbar werden. Wir sagen nicht, daß Gott an diese Ordnungen gebunden wäre. Es bleibt Seiner Freiheit unbenommen, jederzeit auch außerordentliche Wege zu gehen, wie die nachdenkenswerte Geschichte von der Geistesausgießung über die beiden Männer zeigt, die im Lager geblieben waren und ohne Vermittlung durch Mose den Geist empfangen hatten (4. Mose 11, 25-29). Aber wir haben kein Recht, auf solches außerordentliche Eingreifen Gottes in den Gang der irdischen Dinge zu warten, sondern haben uns an das zu halten, was Gott selber im geschichtlichen Raume für uns geordnet hat. Wenn uns nur gegenwärtig bleibt, daß die echten Ordnungen der Kirche geistgewirkte Ordnungen sind, welche jederzeit darauf warten, daß Gott sie aufs neue mit Seinem Geist erfülle und zu Geistesträgern mache.
 
Spieker S. 153-155


© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 04-11-21
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