Tagzeitengebet |
1. Vom Singen der Psalmen (Einführung) Dieser setzt mit dem Bezug auf die jeweilige Tageszeit mit dem sog. Stundenpsalm ein; es folgt der Tagespsalm des Wochentages in der Zeit des Kirchenjahres. Erst dann führt der Psalm des Sonn- oder Festtages - in unserer Tradition "Wochenpsalm" genannt, in spürbarer Nähe zum Introitus des Gottesdienstes bzw. zum Psalm der Predigttext-Reihe - auf die Mitte der Gebetszeit hin: auf das Hören der biblischen Lesung. Als Rahmenvers (Antiphon) ist ihm der Wochenspruch des Sonn- bzw. Festtags in einer leicht singbaren musikalischen Fassung beigegeben. Sich gemeinschaftlich in die biblische Gebetsrede der Psalmen hineinzubegeben, ihre - durchweg parallel gestalteten - Aussagen auf die Ebene eines Rezitationstones (mit seinem Zugang und Abschwung, dem "Initium" und der "Kadenz") emporzuheben und den ruhigen Fluß des regelmäßigen Wechsels zwischen zwei psalmensingenden Gruppen durchzuhalten - das erfordert unbedingt eine Anleitung durch den Dienst eines Kantors (einer Kantorin). Dieser singt nicht nur die Antiphon vor, die alle wiederholen; er führt auch eine der psalmsingenden Gruppen (die Schola) an, der er Tonhöhe und Sprech-Sing-Tempo vorgibt, so natürlich wie in jeder lebendigen Rede. Bewußt verzichtet die Notation auf Vorzeichen, auf rhythmische Notenwerte und auf Tempoangaben. In der Mitte eines Psalmverses den Atem loszulassen und ruhig wieder einströmen zu lassen, das führt uns zurück in den gottgegebenen Rhythmus unserer Atmung und verleiht dem gemeinsamen Beten eine große Ruhe. Nach dem zweiten Halbvers setzt sogleich die andere Gruppe mit dem nächsten Vers ein, während die eine zuhören darf - ein Vorgang gemeinschaftlichen Wahrnehmens im Hören und Singen, wie er natürlicher und gesammelter nicht gedacht werden kann. So mag in einem solchen lebendigen Vorgang des Hörens und Singens, durch geduldige Übung gezeigt und vermittelt, gelernt und bewährt werden:
Mit den Hymnen bringen wir das biblische und kirchliche Glaubensgut noch einmal, in einer den Psalmen verwandten und doch anderen Weise, in uns neu zum Klingen. Als ein Gebetslied ganz eigener Art - meist mit vier Zeilen und einem seiner Herkunft aus dem Lateinischen oder Griechischen entsprechenden Sprachmelos spiegelt der Hymnus die freie Dichtung aus der Frühzeit der Christenheit wider. Im Gegensatz zu älteren Nachdichtungen (von Luther bis Klepper, wie sie im Evangelischen Gesangbuch enthalten sind) verzichten die in diesem Buch gebotenen Hymnen gewöhnlich auf den Endreim der Zeilen. Die meisten Übertragungen haben jedoch darauf geachtet, daß jede Zeile einer Hymnenstrophe eine in sich geschlossene Aussage wiedergibt - ein sprachliches Kennzeichen besonderer Art dieser Dichtung. Wer sich in die Hymnen einsingt, entdeckt mit Freude, wie sie die besonderen Empfindungen, die das Begehen der Tageszeit, des Fest- oder Gedenktages erweckt, mit dem Lob der großen Taten Gottes im Sterben und Auferstehen Jesu Christi verbinden. sie enthalten eine Fülle von biblischen Anspielungen, durchweg in bildhafter Sprache. Immer bindet die Schlußstrophe die Singenden mit der Geschichte ihres Heils im Lobpreis des Dreieinigen Gottes zusammen. Auch hier kommt es dem Kantor zu, die erste Strophe zu singen. Danach wechseln sich alle übrigen mit dem Kantor (ggf. mit Schola oder einer Gruppe) im Singen der Strophen ab. Die trinitarische Schlußstrophe wird in jedem Fall von allen gesungen. Es hat sich bewährt, das Modell der Melodie des Hymnus ohne Textunterlegung den Strophen voranzustellen; auf diese Weise prägt sich die Melodie dem Gedächtnis der Singenden leichter ein. In der Regel gestattet und erwartet der Hymnus, nach Text und Melodie, in der Mitte (nach der zweiten Zeile) ein deutliches Innehalten. Mit dem gemeinschaftlich gesungenen Amen wird der Hymnus geschlossen. Aus den Erläuterungen des Evangelischen Tagzeitenbuches |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 04-11-16 |