Tagzeitengebet |
Stichworte: Durch die Verbindung von Wochenspruch mit dem Wochenpsalm wie schon in den Hauptlesungen des Sonntags und den sonstigen Lesungen bekommen diese Leitmotive liturgische Gestalt und prägen miteinander jeweils eine Woche. Ansonsten ist die Einteilung des Tagzeitenbuches für diese Periode in vier Kirchenjahresblöcke "nach Trinitatis" - wie in der früheren Ausgabe - ganz von praktischen Gesichtspunkten bestimmt. Jeweils sechs Wochen lang werden die selben Tagespsalmen gebetet. Darüber hinaus gibt es - außer den altemativen Cantica (s.u.) - keine besonderen oder gemeinsamen Elemente für diese Wochen "nach Trinitatis", sondern es werden die "gewöhnlichen" Stücke gebraucht: die Stundenpsalmen und Stundenhymnen (33 ff.), die Responsorien aus den Ordnungen (219, 237, 238, 248) und eines der allgemeinen Cantica nach den acht Kirchentönen (221-228, 251-258). Während in den Zeiten, die von Ostern oder Weihnachten her geprägt sind, bei den Tagespsalmen neben dem Motiv des Wochentages auch der Charakter der jeweiligen Kirchenjahreszeit mitbestimmend ist und sich so eine starke Verbindung zum Wochenpsalm ergibt, tritt umgekehrt in der Zeit "nach Trinitatis" der Bezug zum Stundenpsalm stärker hervor, der ja auch das Tagesmotiv aufnimmt. So wird am Sonntag freudig das Lob in der Gemeinde angestimmt: "Ihr Gerechten jubelt vor dem Herrn." (700) - "Selig, die in deinem Haus wohnen, die loben dich allezeit" (720) - "Der Herr der Heerscharen ist mit uns, der Gott Jakobs ist unsre Burg." (735) - "Mein Herz ist bereit, Gott. Ich will dir singen und spielen." (758) Montags geht es um das Wirken der Schöpfers und seine orientierende Hilfe für menschliches Wirken: "Er sendet sein Wort zur Erde ..., er schafft deinen Grenzen Frieden, sättigt dich mit bestem Weizen." (701) - "deine Huld stand mir vor Augen, ich war dir treu auf meinem Weg." (721) - "Du krönst das Jahr mit deiner Güte und deine Spuren triefen von Fett." (736) "Du bist von Mutterleib ab mein Helfer." (760) Das Thema des Mittwochs ist erfahrene Gnade und Barmherzigkeit, auch als Maßstab für die Gestaltung menschlichen Miteinanders: "Unsere Augen sehen auf den Herrn bis er uns gnädig ist." (703) - "Ein reines Herz schaffe min Gott, und gib mir einen neuen, beständigen Geist." (738) - "Ich will singen von deiner Macht und des Morgens rühmen deine Gnade." (761) Der Donnerstag ist dem Volk Gottes gewidmet: "Warum sollen die Heiden sagen: Wo ist denn ihr Gott" (704) - "Preist Gott in den Versammlungen, ihr vom Quell Israels." (724) - "Wie könnte ich dich je vergessen, Jerusalem." (739) - "Wie Berge Jerusalem rings umgeben, so ist der Herr um sein Volk von nun an auf ewig." (762) Am Freitag wird Klage laut angesichts von Leiden und Schuld: "Gewalttätige fordern mein Leben" (705) - "Heile mich, Herr denn ich habe gegen dich gesündigt. " (725) - "Gott sei mir gnädig, denn Menschen stellen mir nach." (740) - "Abends, morgens und mittags will ich klagen und seufzen." (763) Der Samstag ist eschatologisch geprägt: Sehnsucht und Hoffnung auf Vollendung. "Du bist meine Zuflucht, Herr laß mich ewig Gast sein in deinem Zelt." (706) - "Hilf deinem Volk, segne dein Erbe, wende und trage sie bis in Ewigkeit." (726) - "Gott erlöst meine Seele, er entreißt mich der Gewalt des Todes." (741) - "Zu Gott allein ist meine Seele still: er ist der Fels meiner Stärke." (764) Primär für die Form des Tagzeitengebetes bietet der Gebetsteil zu den einzelnen Stunden der Woche (150 - 170) eine Liste für einen vierwöchigen Turnus mit Liedern und Hymnen. Diese Vorschläge, die auch die Thematik des jeweiligen Wochentags berücksichtigen, können ebenso im Chorgebet verwendet werden. Ferner sieht die Ordnung des Stundengebets ausdrücklich vor, daß statt des Hymnus Liedstrophen gewählt werden können, die zur Lesung bzw. Auslegung passen. Für den Gesang des Canticums in diesen Wochen bietet das Tagzeitenbuch jeweils acht allgemeine Fassungen von Benedictus (221-228) und Magnificat (261-258). Konkrete Vorgaben zur Auswahl macht das Buch nicht, so mögen dabei verschiedenen Gesichtspunkten zur Geltung kommen: Anfangs kann es vielleicht die Einfachheit oder Vertrautheit einer Antiphon sein, später sollen evtl. einzelne inhaltliche Aspekte unterstrichen werden, schließlich - wenn alle Formen geläufig sind - erfolgt eine Zuordnung nach Motiven, sei es zu einzelnen Wochen insgesamt, sei es - was sich besonders nahe legt - zu den einzelnen Wochentagen. Dazu ließe sich z. B, folgende "Uhr" aufstellen:
Möglicherweise wird in der langen Folge von Wochen "nach Trinitatis" eine weitere Abwechslung oder Akzentuierung gewünscht. Dazu bietet das Tagzeitenbuch in jedem dieser Kirchenjahresblöcke zwei alternative Cantica aus dem Neuen Testament, die gelegentlich Benedictus und Magnificat ersetzen können. Während in der römisch-katholischen Tradition solche Lobgesänge in die regelmäßige Psalmodie einbezogen werden, hat die im Buch angeregte Praxis ihre Vorbilder in den neueren Gebetbüchern der anglikanischen Gemeinschaft. Die abendlichen Cantica sind die ausführlicheren und - dem erwartungsvollen Charakter der Vesper entsprechend - zumeist eschatologisch gestimmt (71 - 1.Tim 2 und 3 "Zur rechten Zeit wird Gott ihn offenbaren" / 733 - Röm 8 "... Erben Gottes und Miterben Christi" / 741 - Kol 1 "...er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten" / 771 - Eph 1 "heraufzuführen die Fülle der Zeiten"). In den morgendlichen Cantica klingt - doch wohl passend zum zuversichtlichen Aufbruch am Morgen - immer ein Bezug zur Auferstehung an: (715 - Offb. 5 "... vom Tode erstanden" / 734 - 2.Tim 2 "... auferweckt, um uns gerecht zu machen." / 750 - Offb 19 und 7 "Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, bei unserm Gott und dem Lamm. " / 772 - Kol 3 "Seid ihr nun mit Christus auferweckt" ). Dem Charakter dieser Wochen entspricht es durchaus, daß in verschieden langen Rhythmen einige wenige liturgische Stücke sich abwechseln, aber auch häufig wiederkehren. Wo darüber hinaus ein stärkerer Wechsel gewünscht wird, bietet das Tagzeitenbuch weitere Möglichkeiten. So ist im Anhang (S. 919) eine Liste zu finden, die weitere Verwendungsmöglichkeiten der im Buch enthaltenen Responsorien ausweist: ausdrücklich für die Wochen "nach Trinitatis" gedacht und so zusammengestellt, daß in ihnen möglichst das Motiv des Wochentags anklingt bzw. unterstrichen wird. Wer gerne Hymnen singt und dabei auch einen häufigeren Wechsel möchte, sei auf die Gruppe der Schöpfungshymnen (904-910) verwiesen. sie stimmen textlich und musikalisch mit dem Benediktinischen Antiphonale überein, das sie in der Vesper als Hymnus I (im Wechsel mit einem Abendhymnus II) vorsieht. Im Tagzeitenbuch wird jedoch eine andere Zuordnung vorgeschlagen: 1. können die Schöpfungshyrnnen durchaus im morgendlichen Gebet gesungen werden (vgl. die Zeitangaben), 2. sollen sie in Übereinstimmung mit der biblischen Chronologie (nach 1. Mos 1) verwendet werden. so wird z. B. die Erschaffung des Lichts (904) nicht erst nach Abschluß (am Sonntagabend) sondern bereits zu Beginn des ersten Schöpfungstages d. h. am Vorabend zum Sonntag oder am Sonntagmorgen besungen. Entsprechend erklingt der Hymnus zum Sabbat (910) auch mit Sabbatbeginn am Freitagabend oder am Samstagmorgen. Wo die Schöpfungs-Hymnen regelmäßig gesungen werden, mag sich folgender Wechsel anbieten: Erste Woche: Stundenhymnen wie gewöhnlich - Zweite Woche: Schöpfungshymnen am Abend - dritte Woche: Stundenhymnen wie gewöhnlich - vierte Woche: Schöpfungshyrnnen am Morgen. Der erste Teil des Buches enthält für die Stunden einer Woche nicht nur mehrere passende Gebete, sondern auch weitergehende Vorschläge zur Gestaltung des Gebetsteils mit Fürbitten (ab 171) und Preces (262 - 297), die zusammen elf verschiedene Möglichkeiten aufzeigen. So mag deutlich werden, daß Anliegen, die in den geprägten Zeiten des Kirchenjahres im Vordergrund stehen, auch in der "gewöhnlichen" Zeit ihre - manchmal überraschende - Aktualität haben können. Aus: Quatember 2000, S. 120-124 © Reinhard Brandhorst, Stuttgart |
© Joachim Januschek Letzte Änderung: 04-11-16 |